Abgeordnetenentschädigungen

Warum die Bezüge deutscher Parlamentarier um 10% steigen

Wieder einmal stehen die Diäten deutscher Bundestagsabgeordneter im Mittelpunkt zahlreicher Diskussionen. Erst am letzten Freitag beschloss das Parlament den neuen Gesetzentwurf über die Erhöhung der Diäten der Parlamentarier im Abgeordnetenhaus.

Was sind Diäten und wofür werden sie gezahlt?

Bei der steuerpflichtigen Abgeordnetenentschädigung, wie die Diäten unserer Abgeordneten seit 1977 offiziell heißen, handelt es sich um eine angemessene Entschädigung, die Abgeordnete dafür erhalten, um den Verdienstausfall durch die Ausübung ihres Mandats auszugleichen. Da es sich bei der Tätigkeit als Abgeordnete laut Diätenurteil der Verfassungsrichter aus dem Jahre 1975 um einen „Full-Time-Job“ handele und die Unabhängigkeit der Parlamentarier sichergestellt werden soll, muss die Höhe der Entschädigung der Belastung und dem Aufwand gerecht werden.

Neben dieser zu versteuernden Abgeordnetenentschädigung erhalten Parlamentarier eine steuerfreie Kostenpauschale. Diese liegt gegenwärtig bei 4204 Euro und soll alle Kosten decken, die sich aus der Abgeordnetentätigkeit ergeben. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag erhalten Abgeordnete ein Übergangsgeld, das den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern soll, während das Altersgeld „Versorgungslücken“ schließen soll, die dadurch entstehen, da Abgeordnete keinem anderen Beruf nachgehen können.

Abgeordnetengehälter steigen um 830 Euro monatlich

Der jetzt verabschiedete Gesetzentwurf der großen Koalition sieht vor, dass die Bezüge der Abgeordneten bis zur Mitte der Wahlperiode in zwei Stufen um insgesamt 830 Euro auf 9.082 Euro steigen werden. Geplant ist dabei, dass im Juli dieses Jahres eine Erhöhung auf 8.667 Euro und zum Januar 2015 eine weitere Steigerung auf besagte 9.082 Euro erfolgen wird.

Abgeordnetendiäten seit 1990 verdoppelt

Nachdem die Diäten der Abgeordneten bereits 2012 von 7.668 Euro auf 7.960 Euro – also um 3,8% – und 2013 noch einmal um knapp 3,7% auf 8.252 Euro angehoben wurden, ist die jetzige Erhöhung mit 10% der bisher größte Schritt. Betrachtet man die untere Infografik, die die Entwicklung der Höhe der Abgeordnetendiäten seit 1990 abbildet, zeigt sich, dass sich diese mit der jetzigen Erhöhung nahezu verdoppelt hat.

Die jetzige Erhöhung folgt der Empfehlung einer Expertenkommission vom letzten Jahr, die vorsah, die Höhe der Bezüge unter anderem an der von Richtern am Bundesgerichtshof zu orientieren. Damit sollte die seit 1975 geltende Regel, dass Bundes- und Landtagsabgeordnete die Höhe ihrer Bezüge vor den Augen der Öffentlichkeit selbst festlegen können, umgangen werden, da diese Öffentlichkeit regelmäßig für heiße Diskussionen sorgte und der daraus erwachsende Druck zwischen 2004 und 2007 sogar zu „Nullrunden“ führte.

Mit der jetzigen Höhe erreichen die Abgeordneten erstmals das Niveau der Vergleichsgröße Bundesrichter.

Was andere Berufsgruppen verdienen

Unsere obere Infografik liefert eine Übersicht der Einkommen verschiedener Berufsgruppen. Dabei wird deutlich, dass das zu versteuernde Einkommen von Politikern zwar noch weit hinter dem monatlichen Verdienst von Führungskräften in der Wirtschaft herhinkt, doch gegenüber anderen Erwerbstätigen meilenweit entfernt liegt. Während Rechtsanwälte, Ärzte und Lehrer noch rund die Hälfte des Einkommens der Abgeordneten beziehen, verdienen Kfz-Mechaniker/Innen mit 2.718 Euro nur noch ein Drittel der 9.082 Euro und Frisör/Innen sogar nur 16%, obwohl auch diese Erwerbstätigen einen Full-Time-Job haben.

Finanzierung durch Einsparung

Um die Mehrbelastungen von insgesamt 3,5 Millionen Euro zu finanzieren, ohne den Steuerzahler zu belasten, würde die Altersvorsorge neu geregelt, was langfristig zu umfassenden Einsparungen führen soll. So sinkt das Höchstniveau bei den Altersbezügen von bisher 67,5% auf künftig nur noch 65% der bisherigen Diäten.

Dass dies einer Milchmädchenrechnung gleicht, zeigt folgendes Rechenbeispiel:

  • 67,5% von 8.252 Euro entspricht 5.570 Euro
  • 65,0% von 9.082 Euro entspricht 5.903 Euro

Somit stehen 830 Euro Erhöhung pro Abgeordnetem nur 333 Euro an Einsparungen gegenüber. Um dies auszugleichen, soll die Altersgrenze für den Bezug von Altersgeld von gegenwärtig 57 Jahren auf 63 Jahre heraufgesetzt werden.

Künftig dienen Bruttolöhne als Berechnungsgrundlage

Ab 2016 soll sich die Berechnungsgrundlage nun erneut ändern, denn dann wird die Entwicklung der Diäten an die Entwicklung der Bruttolöhne in Deutschland angepasst werden. Dieser Wert, der jährlich vom Statistischen Bundesamt ermittelt wird, spiegelt das Bruttoeinkommen von zirka 90% aller Erwerbstätigen unseres Landes wider.

Zynisch betrachtet, könnte angesichts der kräftigen Anhebung der Abgeordnetendiäten der Eindruck entstehen, dass hier noch schnell eine Gelegenheit mitgenommen wird, denn angesichts der Entwicklung der Bruttolöhne, die im Zeitraum von 1991 bis heute lediglich um etwas mehr als 50% gestiegen sind, scheint so bald keine deutliche Steigerung möglich zu werden.

Wäre da nicht der gesetzliche Mindestlohn …

… der zum 1. Januar 2015 eingeführt werden soll. Wie in einem aktuellen Beitrag auf wirtschaft.com zu lesen, hatte die F.A.Z. in Ihrer Samstagsausgabe berichtet, dass die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes den Bundestagsabgeordneten einen Extrazuschlag bringen dürfte.

Die F.A.Z. bezieht sich in ihrer Meldung auf Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Danach bewirkt die Einführung des flächendeckenden Mindestlohns eine deutliche Steigerung der Bruttodurchschnittslöhne der Arbeitnehmer von ca. 3 Prozentpunkten, was sich nach der neuen Berechnungsgrundlage auch auf die Diäten auswirken wird.

Diätenerhöhungen

Grafiken: © Statista

Ein Kommentar

  1. Rentner sind auch Menschen. Sie plappern nicht so viel ahnungslos wie Politiker. Weiß man deshalb nicht, dass auch diese Unterprivilegierten Geld zum Bezahlen brauchen können.
    „Die Rente ist sicher!!“ – BRAVO!

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