Innovation City: Bottrop mit ehrgeizigen Klimazielen

Bottrop ist als Modellstadt des Projekts Innovation City auf einem guten Weg und hat gute Voraussetzungen, seine hochgesteckten Klimaziele zu erreichen. Das ist das Fazit, das die Projektverantwortlichen zogen und mit eindrucksvollen Zahlen belegen konnten, als sie am Montag, 23. November 2015, die Halbzeitbilanz des auf zehn Jahre angelegten Projekts der Öffentlichkeit präsentierten. Nach Bottrop gekommen war dazu NRW-Städtebauminister Michael Groschek, sowie Professor Manfred Fischedick, als Vizepräsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie sowie mit Dirk Opalka und Bernd Tönjes zwei Vertreter des Initiativkreises Ruhr. Gemeinsamt mit Burkhard Drescher, Geschäftsführer der Innovation City Management Gesellschaft, und Oberbürgermeister Bernd Tischler präsentierten sie die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Evaluation.
Das Projekt habe nach fünf Jahren die Erwartungen, mit denen Bottrop damals in die Bewerbung gegangen sei, weit übertroffen, sagte Oberbürgermeister Bernd Tischler in seinem Grußwort. InnovationCity Ruhr habe auch das Image der Stadt Bottrop in weiten Teilen der öffentlichen Wahrnehmung positiv verändert. Das Interesse regional, national und auch international sei sehr groß. „Es konnte viel erreicht und auf den Weg gebracht werden, was in unserer Stadt inzwischen an zahlreichen Orten auch sichtbar wird, so Tischler. „Die nächsten Erfolge schließen sich an, da bin ich sicher, denn die InnovationCity entwickelt sich ständig weiter.“ Nun gelte es die in Bottrop gewonnenen Erkenntnisse in die Region und darüber hinaus zu transferieren. Mit Unterstützung des Landes und des Bundes hat die Innovation City Management Gesellschaft begonnen, diesen Prozess in anderen Städten und Regionen auszurollen. So wird Bottrop deutschlandweit zur Blaupause für ähnlich gelagerte Umbauprozesse.
NRW-Bauminister Michael Groschek sprach von einer globalen Wertschätzung für das begonnene schwierige Projekt. Eine einschneidende Minderung von CO2-Immissionen könnten nicht von öffentlichen Mitteln allein bewältigt werden. 29 Mio. Euro an Städtebaufördermitteln insgesamt seien zwar nach Bottrop geflossen, doch diese öffentlichen Förderungen hätten ein Vielfaches an privaten Investitionen stimuliert. Es sei aber viel Kernerarbeit zu leisten, um dies mit Erfolg umzusetzen und dies habe man in Bottrop hervorragend gemacht. Groschek kündigte an, dass das Land im kommenden Jahr, einen neuen Wettbewerb ins Leben rufe werde, der eine CO2-freie Innenstadt zum Ziel habe. Bei der Installierung dieses neuen städtebaulichen Wettbewerbs spielten die Erkenntnisse aus Bottrop eine zentrale Rolle.
Seit ziemlich genau fünf Jahren trägt Bottrop den Titel InnovationCity Ruhr und ist Modellstadt für den klimagerechten Stadtumbau. Damit hat die Stadt eine hohe Aufmerksamkeit im In- und Ausland erzielt. Das vom Initiativkreis Ruhr ins Leben gerufene Projekt hat zum Ziel, in einem ausgewählten Pilotgebiet die CO2- Emissionen bis 2020 um 50 Prozent zu reduzieren und die Lebensqualität der Bürger zu steigern.
Professor Manfred Fischedick präsentierte die Ergebnisse der durch das Land NRW geförderten wissenschaftlichen Begleitstudie, die vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie durchgeführt wurde. „Wir haben dabei zum einen die bisher erreichten CO2-Einsparungen errechnet, die ausgelösten Investitionen ermittelt sowie Produktions- und Beschäftigungseffekte untersucht“, so Fischedick. Zum anderen betrachteten die Forscher den InnovationCity-Prozess sowie die Beteiligung von Wirtschaft und Bevölkerung. Damit wurden jetzt belastbare Zahlen in großem Umfang für den Erfolg des Projekts vorgelegt.

CO2-Emissionen um rund 38 Prozent gesenkt

Durch abgeschlossene und bereits initiierte Maßnahmen und Projekte, deren Realisierung heute gesichert ist, ergibt sich eine Reduktion der CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 um rund 38 Prozent, das heißt um rund 100.000 Tonnen seit 2010. Zum Vergleich: Diese Einsparung entspricht der CO2-Absorption eines gewachsenen Waldes von der Größe des gesamten Bottroper Stadtgebiets – das sind circa 100 Quadratkilometer – innerhalb eines Jahres. Entsprechend müssen bis zum Ende des Projekts in den kommenden fünf Jahren noch zwölf Prozentpunkte der CO2-Emissionen durch neue Projekte eingespart werden. Mit dem Masterplan der InnovationCity steht dafür eine Sammlung von Ideen bereit, aus der konkrete Projekte entwickelt werden können.

Energetische Modernisierungsrate

Einen wichtigen Beitrag zu dieser Einsparung leistet die energetische Modernisierung von Wohngebäuden. Durch die umfangreichen Aktivierungs- und Beratungsmaßnahmen der InnovationCity Ruhr konnte eine jährliche energetische Modernisierungsrate von durchschnittlich drei Prozent erreicht werden,  die damit  deutlich über dem  Bundesdurch- schnitt von knapp einem Prozent liegt. Dies entspricht einer energetischen Modernisierungsquote von 15,8 Prozent aller Wohngebäude im Pilotgebiet.
Einer der Schlüssel für diesen Erfolg liegt in dem mehrstufigen Ansprachekonzept und dem kostenlosen Erstberatungsangebot, das alle Bottroper Hauseigentümer in Anspruch nehmen können. Bis Herbst 2015 nutzten 1.872 Sanierungsinteressierte aus dem Stadtgebiet dieses Angebot. Bezogen auf das untersuchte Pilotgebiet haben 56 Prozent der Beratenen auch Maßnahmen in den eigenen vier Wänden durchgeführt. Eine Analyse der Partizipationsprozesse ergab darüber hinaus, dass in den verschiedenen Informationsveranstaltungen nicht nur Faktenwissen, sondern auch Handlungswissen zu klimaschonendem Verhalten im Alltag vermittelt wurde.

Förderrichtlinie 11.1 – innovativer und direkter Einsatz von Städtebau-Fördermitteln

Darüber hinaus steht im Pilotgebiet ein neues Förderinstrument  der Stadt zur Verfügung, bei dem Städtebaufördermittel erstmalig direkt an Immobilieneigentümer für energetische Modernisierungsmaßnahmen ausgezahlt werden können. Abhängig vom Gebäudetyp und dem CO2- Minderungspotenzial der jeweiligen Maßnahmen ist so eine Förderung von bis zu 25 Prozent möglich. Von April 2014 bis September 2015 profitierten 111 Antragsteller von dieser Förderung mit einem Gesamtantragsvolumen von 3,58 Mio. Euro, wobei bereits 2,6 Mio. Euro durch die Stadt bewilligt und 382.000 Euro Fördermittel ausgeschüttet wurden. Dies bedeutet eine durchschnittliche Förderquote von 14,7 Prozent.

Investitionen und Beschäftigungseffekte

Durch die abgeschlossenen und bislang initiierten Projekte sowie die energetischen Modernisierungsmaßnahmen werden gesichert bis zum Jahr 2020 über 290 Mio. Euro im Rahmen des Projekts investiert, davon entfallen 183 Mio. Euro auf bereits realisierte Vorhaben. Von diesen Investitionen profitieren vor allem die lokalen Unternehmen: Schätzungsweise 110 Mio. Euro sind über Aufträge an Bottroper Firmen ge- flossen. Hinzu kommen ca. 26 Mio. Euro an Vorleistungs- und Konsumgüterproduktion (Steigerung der regionalen Produktion durch Erhöhung der regionalen Einkommen und damit der Konsumausgaben).
Mit den Investitionen sind zudem Effekte auf die Beschäftigungsrate verbunden. Als direkter Beschäftigungseffekt ergibt sich für den gesamten Zeitverlauf in Bottrop eine Steigerung um 924 Erwerbstätigenjahre. Die indirekten Effekte führen nochmals zu weiteren 276 Beschäftigungsjahren. Insgesamt wurden somit 1.200 Erwerbstätigenjahre neu geschaffen.

Analyse InnovationCity-Prozess und Wirtschaftskooperation

Über die reinen Zahlen hinaus wurde durch die wissenschaftliche Begleitforschung  auch  die  Ausgestaltung  des  InnovationCity-Prozesses sowie die Zusammenarbeit mit Akteuren aus der Wirtschaft analysiert. Festgestellt wurde, dass der hohe Rückhalt und die Verbindlichkeit im Handeln aller beteiligten Akteure, beispielsweise Gesellschafter, kommunale Verwaltung und Landesregierung, ein Garant für den Erfolg des Projekts sei. Auch überzeuge das neuartige Steuerungskonzept in Form der Innovation City Management GmbH (ICM) durch hohe Flexibilität und Entscheidungskompetenz. Dabei spiele die größere Unabhängigkeit von kommunal-politischen Entscheidungsstrukturen bei gleichzeitig starker Verzahnung  mit  den Akteuren vor  Ort  eine wichtige Rolle.  Dies schlägt sich, so die Analyse, auch in innovativen Projektdesigns nieder. Viele der Umsetzungsprojekte im Modellgebiet haben den Charakter von Systeminnovationen:  Sie  verbinden  die  Implementierung  neuartiger Technologien in bestehende Infrastrukturen mit der gleichzeitigen Erprobung sozialer Innovationen, wie neuen Geschäftsmodellen oder innovativer Beteiligungsmuster. Darüber hinaus ist nach den durchgeführten Untersuchungen auch die Bürgerschaft eng in den InnovationCity- Prozess eingebunden: Bei etwa einem Viertel der Veranstaltungen hatten Bottroper Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, ihr Wissen, ihre Ansichten und ihre Zukunftsvorstellungen einzubringen.
Die Kooperation mit verschiedenen Wirtschaftsunternehmen über den Raum Bottrop hinaus ist nicht nur durch die enge Bindung an den Initiativkreis Ruhr, sondern auch durch die zahlreichen Projekte und Partnerschaften von großer Bedeutung und in dieser Form ein Alleinstellungs- merkmal für das Projekt. So betonen die Wirtschaftspartner in einer Befragung, dass das Projekt eine klare Zielvision verfolge und über eine hohe Ausstrahlung verfüge – beides zentrale Aspekte, die eine erfolgreiche Kooperation ermöglichen. Die ICM bilde zudem ein geeignetes Format, um die spezifischen Ressourcen der Kommunen und der Wirtschaftspartner projektbezogen und professionell zusammenzuführen.

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