Österreich fällt in Korruptionsbekämpfung zurück

Transparency International präsentiert heute den Corruption Perceptions Index (CPI) 2016. Die ersten fünf Ränge belegen dieses Jahr Dänemark, Finnland, Neuseeland, Schweden und die Schweiz, Deutschland liegt auf Platz 10,  am Ende der Rangliste finden sich Nordkorea, Syrien, der Südsudan und Somalia. Österreich liegt auf Rang 17 von insgesamt 176 erfassten Staaten und rutscht somit gegenüber dem Vorjahr um einen Platz ab, da Hong Kong an Österreich vorbeigezogen ist.

Damit verschlechtert sich Österreich im CPI erstmals seit drei Jahren, der leichte Aufwärtstrend der vergangenen Jahre ist vorerst zu Ende. Nachdem Österreich im Jahr 2012 von Rang 16 auf Platz 25, 2013 gar auf Rang 26, abgestürzt war, zeichnete sich in den letzten beiden Jahren wieder eine positivere Entwicklung ab. 2015 war Österreich auf Rang 16 – den Stand von 2011 – zurückgekehrt.

Mit dem Abrutschen auf Rang 17 im diesjährigen CPI rückt die Spitzenplatzierung auf Rang 10 aus dem Jahr 2005 nun wieder in weite Ferne. Zudem liegt Österreich im EU-Vergleich weiterhin nur im Mittelfeld.

„Die erneute Verschlechterung Österreichs im CPI ist Besorgnis erregend und ein deutliches Signal an Politik, Wirtschaft und Verwaltung“, warnt Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von Transparency International – Austrian Chapter (TI-AC). „Der zögerlich begonnene Weg in Richtung mehr Transparenz und Korruptionsfreiheit wird nicht konsequent weiter gegangen.“

Der Korruptionswahrnehmungsindex ist ein zusammengesetzter Index. Die Berechnungsbasis bilden vergleichende Länderanalysen von NGOs, Stiftungen und Unternehmensberatungsagenturen sowie Umfragen unter Managern vor allem international tätiger Unternehmen aus den vergangenen ein bis drei Jahren. In diesen wird die Wahrnehmung der Verbreitung von Bestechlichkeit sowie effektiver Mechanismen zur Bekämpfung und Prävention von Korruption im öffentlichen Sektor der jeweiligen Staaten bewertet. „Der CPI-Wert bildet den Mittelwert aus den für den jeweiligen Staat zugrunde liegenden Studien, umgerechnet auf eine Skala zwischen 0 (umfassende Korruption) und 100 (keine Korruption)“, erläutert Thomas Gradel, Geschäftsstellenleiter von TI-AC.

In dieser Skala erreicht Österreich dieses Jahr 75 von 100 möglichen Punkten und verschlechtert sich damit gegenüber dem Vorjahr um einen Punkt, nachdem seit 2013 eine kontinuierliche Verbesserung von 69 auf zuletzt 76 Punkte zu beobachten war. Da die Ergebnisse des CPI für den Wirtschaftsstandort Österreich international von großer Bedeutung sind, besteht daher akuter Handlungsbedarf, um eine nachhaltige Beschädigung der Reputation Österreichs in der internationalen Geschäftswelt abzuwenden.

Aus diesem Grund präsentiert TI-AC heute ein umfangreiches Forderungspaket, gerichtet an Nationalrat und Bundesregierung, aber auch an Wirtschaft und Zivilgesellschaft, und bietet beratende Unterstützung bei der Umsetzung der notwendigen Schritte an. TI-AC ist überzeugt, dass die Erfüllung der darin enthaltenen Forderungen mittelfristig eine deutliche Verbesserung nicht nur der tatsächlichen Situation, sondern auch der internationalen Einschätzung des Wirtschaftsstandorts Österreich bewirken würde.

„Erste Schritte in die richtige Richtung wurden in den vergangenen Jahren bereits gesetzt, etwa bei Anfütterungsverbot, Kronzeugenregelung und Weisungsrecht“, betont Geiblinger. „Wenn Österreich langfristige und signifikante Verbesserungen bei der Antikorruptions-Arbeit erreichen und wieder zurück in die Top 10 des CPI will, braucht es aber nicht nur ein öffentliches und glaubwürdiges Bekenntnis zu mehr Transparenz in Politik und Wirtschaft, sondern auch eine aktive Umsetzung der nötigen Schritte.“

TI-AC fordert daher unter anderem:

  • Offenlegungspflichten für Verträge zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, etwa zu privater Drittmittelfinanzierung österreichischer Hochschulen, um größtmögliche Unabhängigkeit von Forschung und Lehre zu gewährleisten.
  • Gesetzliche Verpflichtung zur namentlichen Offenlegung von Zuwendungen der Pharmaindustrie an Ärzte und Angehörige anderer Gesundheitsberufe sowie ein zentrales Veröffentlichungsregister.
  • Verabschiedung eines Informationsfreiheitsgesetzes, das den Namen auch verdient: Der aktuelle Gesetzesentwurf enthält derart viele Einschränkungen, dass sich de facto nichts an der gegenwärtigen Amtsverschwiegenheit ändern würde.
  • Überarbeitung von Lobbying-Gesetz und -Register, um tatsächliche Transparenz und Gleichstellung aller Lobbying Betreibenden zu gewährleisten.
  • Gewährleistung eines gesetzlichen Schutzes für Hinweisgeber aus der Privatwirtschaft, wie dies bereits für Beamte der Fall ist.

Grafik: © Transparency International

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