Herrmann rechtfertigt Abschiebungen nach Afghanistan

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat die offenbar für Mittwoch kommender Woche geplante abermalige Sammelabschiebung nach Afghanistan gerechtfertigt. Die Bundesregierung habe sich darauf verständigt, bis Juli eine Neubewertung der Sicherheitslage in Afghanistan vorzunehmen: Bis dahin gelte es „nach sorgfältiger Einzelfallprüfung, Straftäter, Gefährder und Personen, die hartnäckig ihre Mitwirkung an der Identitätsfeststellung verweigern, aus Sicherheitsgründen weiterhin abzuschieben“, sagte Herrmann der F.A.Z. (Freitagsausgabe). Darüber bestehe bei den Innenministern aus Bund und Ländern Einigkeit.

Nach dem schweren Anschlag vor der deutschen Botschaft in Kabul, bei dem mehr als 90 Personen getötet wurden, hatte die Bundesregierung Abschiebungen nach Afghanistan vorübergehend weitgehend ausgesetzt. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums wollte eine neuerliche Abschiebung gegenüber der F.A.Z. nicht bestätigen. Schon aus Sicherheitsgründen äußere man sich nie im Vorfeld zu Abschiebungen. Herrmann verteidigte auch die Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber aus Schulen. „Auch Schulen sind kein rechtsfreier Raum“, sagte Herrmann mit Blick auf den Fall eines 21 Jahre alten Afghanen, der kürzlich von der Polizei aus einer Nürnberger Berufsschule geholt wurde, weil er abgeschoben werden sollte. Der Afghane hätte schon vor längerer Zeit ausreisen müssen, habe sich dem aber entzogen, äußerte Herrmann. Derlei Fälle würden eine „absolute Ausnahme“ bleiben, doch könne er nicht ausschließen, dass eine solche notwendig sein werde, sagte Herrmann der F.A.Z. Bayerns Innenminister rief die Bundesregierung dazu auf, mehr Druck auf die Herkunftsstaaten abgelehnter Asylbewerber auszuüben, damit diese ihre Staatsbürger zurücknehmen. Bei einigen afrikanischen Staaten gebe es „massive Probleme“. „Jene Länder, die sich kooperativ bei Abschiebungen verhalten, müssen dafür belohnt werden, etwa mit einem zusätzlichen Projekt der Entwicklungszusammenarbeit“, sagte Herrmann. Angesichts der jüngsten Verschärfungen des Asylrechts äußerte Herrmann, der CSU sei es gelungen, viel durchzusetzen. „Dort, wo das nicht ging, lag das an der SPD oder im Bundesrat an den Grünen, aber nicht an der CDU“, sagte Herrmann der F.A.Z.

Foto: Joachim Herrmann, über dts Nachrichtenagentur

5 Kommentare

  1. Nachdem sich die CSU ja noch mit den Wörtern „christlich“ und „sozial“ schmückt, sei mir die Frage erlaubt, wieso sich ein paranoider Innenminister erlauben kann, falsches Zeugnis gegen unsere Nächsten (hilfesuchende Flüchtlinge) abzulegen und z.B. einen freundlichen Schüler, der bestens integriert ist, als Gefährder zu verleumden.

    Gelten denn nun in Bayern gar keine Gesetze mehr, weil man im Wahlkampf so sehr am braunen Rand fischt, daß der Wähler schon gar keinen farblichen Unterschied mehr bemerken kann?

  2. Vielleicht geht es Herrn Herrmann gar nicht um Wählerstimmen. Vielleicht denkt er ganz authentisch selbst so, dass es sein Naturrecht ist, gegen weltliche Gesetze ebenso verstoßen zu dürfen wie gegen die Zehn Gebote.

  3. Ich unterschreibe, was Patricia Koller sagt. Die Abschiebepolitik der CDU und der Bundesregierung ist unbarmherzig und von Einzelfallprüfung kann ja wohl keine Rede sein. Bestens integrierte Menschen werden gnadenlos abgeschoben. Deren Tod im „sicheren Herzkunftsland“ wird billigend in Kauf genommen, an den Händen der Abschiebe-Befürworter klebt Blut. Und zudem werden alle ehren- und hauptamtlichen Flüchtlingshelfer abgewatscht und bestraft dafür, dass sie MENSCHLICH, CHRISTLICH und SOZIAL handeln.

  4. Christine Deutschmann

    Zum Glück hat die afghanische Regierung für diesmal die Reissleine gezogen. Selbst die wissen, dass man niemanden mit gutem Gewissen zurück schicken kann, haben sie doch schon genug Probleme, die Inlandsflüchtlinge und die Abgeschobenen auf Pakistan und Iran unterzubringen.

    Die Rückkehrer, die keinen Familienanschluss haben, landen auf der Straße. Die Rückkehrer werden für Straftäter gehalten, weil diese Lüge in den Medien verbreitet wurde. Dabei waren 2/3 unbescholtene Bürger, die in Lohn und Brot standen und Steuern gezahlt haben. Nachzulesen bei Pro Asyl.

    Auch die Landtagspräsidentin Frau Barbara Stamm ist absolut gegen Abschiebungen nach Afghanistan. Der bayerische und der deutsche Innenminister ignorieren rotes Kreuz, UNHCR, Ärzte ohne Grenzen und viele andere warnende Stimmen. Jeder tote und verletzte abgeschobene Geflüchtete geht auf Ihr Konto, meine Herren.

  5. Diese Abschiebepolitik ist perfide: sie trifft bevorzugt diejenigen, die integriert sind, die eine Ausbildung machen oder eine Arbeit gefunden haben – denn die hatten auch erfolgreich alle Passbeschaffungsprobleme gelöst, um ihre Arbeitserlaubnis zu erhalten.
    Ohne Pass aber ist eine Abschiebung für den abschiebenden Staat sehr aufwendig, nahezu unmöglich.

    Daß hauptsächlich Straftäter, Gefährder oder Identitätsnachweis-Verweigerer abschoben worden seien, entspricht nicht den Tatsachen, es sei denn man nimmt als Straftatbestand –ohne Gerichtsurteil- den der illegalen Einreise, der aber für nahezu alle Asylbewerber zutrifft.
    Daß mit der Abschiebung besonders gut Integrierter, das Zeichen nach Afghanistan gesendet werden soll, ‚egal, wie gut Ihr seid, wir schieben Euch ab‘ ist vermutlich politisch so beabsichtigt.
    Es gab und gibt keine Flüchtlingskrise: Europa, Deutschland, Bayern steckt in einer tiefen Menschlichkeitskrise.

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