Facebook und die Folgen des Werbeboykotts

Wozu ein Boykott, wozu demonstrieren? Man sei ja nur ein kleines Licht, das bringe nichts. So die Meinung vieler Deutscher. Erstmals im 18. Jahrhundert motivierte eine Bürgerbewegung in Britannien die Verbraucher, sich von bestimmten Waren fernzuhalten. Damals ging es um Produkte, die von Sklaven hergestellt worden waren. Und was die meisten überraschen wird – es funktionierte. Auch Facebook erfährt momentan, wie effektiv ein Boykott sein kann.

Die Kampagne

„Stop Hate for Profit“ ist eine sehr junge Bewegung, die den Boykott von Werbung als politisches Instrument einsetzt. Die Initiatoren der Kampagne sagen, dass Facebook sich nicht genügend gegen die Verbreitung von rassistischen und hasserfüllten Kommentaren auf seinen Plattformen einsetze. Große und namhafte Unternehmen wie Coca Cola, Adidas, Ford, Starbucks und das allumfassende Unternehmen Unilever, sind davon überzeugt, dass sie durch ihren Boykott Facebook zu einem Umdenken zwingen können.

Damit betreten diese Unternehmen keineswegs Neuland. Bereits im Mai hatten Axios und BBC berichtet, dass Microsoft als erste große Firma aufgrund nicht spezifizierter „unangemessener Inhalte“ die Zusammenarbeit mit Facebook beendet hatte. Es ist zu erwarten, dass diesem Vorbild viele weitere Firmen aus allen Branchen wie Textilien, Automobile, Browsergames und Slots, Nahrung, Gesundheits- und Körperpflegeprodukten folgen werden.

Fehlendes Vertrauen

Täglich werden 3.2 Billionen Likes und Kommentare von Nutzern allein bei Facebook vergeben.[1] Eine Zahl, die es für die Mitarbeiter des Unternehmens unmöglich macht, alle davon persönlich zu überprüfen. Sie sind daher auf die User angewiesen, die die Hasskommentare melden. Aber selbst die gefilterte Anzahl kann Facebook nicht mehr bewältigen. So ist schon seit längerem klar, dass die scheinbar fehlende Moral von Facebook das Unternehmen zerstören könnte.

Ein Milliarden-Verlustgeschäft

Und auch wenn die Mehrheit der Deutschen nicht darauf vertraut, dass ein Boykott tatsächlich Wirkung zeigt, so bildet zumindest die „Stop Hate for Profit“-Kampagne die Ausnahme der Regel. Denn ein Boykott kann Facebook nachweislich zumindest etwas schaden. Allein im vergangenen Jahr hatte Facebook durch Werbung 80 Milliarden Dollar Profit gemacht, ein Viertel davon dank der Foto-Plattform Instagram, der Tochterfirma von Facebook. Bereits Ende Juni zur Bekanntgabe des Boykotts fiel der Aktienwert von Facebook um satte 8%. Rein rechnerisch wurde Mark Zuckerberg, der Inhaber von Facebook, dadurch direkt 6 Milliarden Dollar ärmer.

Nicht der erste Boykott-Versuch

Bereits im Jahr 2017 hatte eine große Marke nach der anderen angekündigt, Werbung auf Googles Tochterfirma YouTube einzustellen. Der Grund war damals derselbe wie heute: die Schaltung von rassistischen und homophoben Werbeanzeigen sollte unterbunden werden. Heute erinnert sich niemand mehr an diesen ersten Boykott und sowohl Google als Muttergesellschaft als auch YouTube geht es prächtig. Beide Plattformen werden mehr genutzt denn je.

Die Macht des kleinen Mannes

Es gibt aber noch weitere Gründe, dass die „Stop Hate for Profit“-Kampagne Facebook nicht in dem Ausmaß schaden wird, das die Zahlen vermuten lassen. Es haben sich zwar viele bekannte Marken für den Boykott im Juli gemeldet, doch der Großteil der Werbeeinnahmen Facebooks stammt aus mittelständigen und kleinen Firmen. Im vergangenen Jahr machten laut CNN die 100 bekanntesten Firmen Facebook dank ihrer Werbung um 4,2 Milliarden Dollar reicher. Hört sich viel an, entsprechen aber letztendlich nur 6% der gesamten Werbeeinnahmen. Die kleinen und mittelständigen Unternehmen haben sich bisher nicht zum Boykott geäußert. Von ihnen wird also abhängen, wie sehr die Kampagne Facebook finanziell schaden wird. Und auch wenn Otto Normalverbraucher denkt, sein Boykott sei nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, so verliert Facebook durch jeden inaktiven Nutzer 6,95 Dollar täglich.

[1] https://marketingland.com/facebook-3-2-billion-likes-comments-every-day-19978

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