Europaparlamentarier rufen zu härterer Gangart gegen Polen auf

Polnisches Parlament in Warschau, über dts NachrichtenagenturMit Blick auf den Streit zwischen Polen und der EU haben mehrere Europaabgeordnete schärfere Maßnahmen gefordert. „Nach den unzureichenden Antworten der polnischen Regierung auf die Fragen der EU-Kommission, ist es höchste Zeit, Artikel 7 zu nutzen“, sagte Ska Keller, Grünen-Fraktionschefin im Europaparlament, der „Welt“. „Wir müssen der polnischen Regierung klarmachen, dass die gemeinsamen, demokratischen Regeln in der EU eingehalten werden müssen.“

Gemäß Artikel 7 der EU-Verträge kann ein Staat vom Ministerrat ermahnt werden, sofern eine „eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung“ der Werte der Europäischen Union droht. Dafür ist eine Mehrheit von vier Fünfteln nötig. Auf einstimmigen Beschluss der Staats- und Regierungschefs hin kann einem EU-Staat auch das Stimmrecht entzogen werden. Die SPD-Europaabgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann rief die EU-Staaten auf, sich mit der Lage in Polen zu befassen: „Die Mitgliedstaaten sollten, wie es das Europäische Parlament bereits getan hat, der Kommission den Rücken stärken. Sie dürfen nicht länger die Augen verschließen, wenn die polnische Regierung das Prinzip der Gewaltenteilung infrage stellt, indem sie die Unabhängigkeit der Justiz untergräbt. Das ist nicht akzeptabel.“ Zu einer Abstimmung über den Entzug der Stimmrechte müsse es nach Einleitung des Verfahrens nach Artikel 7 nicht zwangsläufig kommen. „Ein Stimmrechtsentzug stünde erst am Ende eines Verfahrens nach Artikel 7“, sagte Kaufmann. „Ich hoffe nicht, dass die polnische Regierung es so weit kommen lässt.“ Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok rief die Europäische Kommission unterdessen auf, weiter mit Polen zu verhandeln. „Europa darf nicht mit dem Versuch aufgeben, demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien in allen Mitgliedstaaten durchzusetzen“, sagte er der „Welt“. „Polen hat vor allem wegen seiner sicherheitspolitischen Lage kein Interesse an Dauerkonflikten mit Brüssel und den europäischen Partnern“, so Brok weiter. „Ich schlage vor, dass man sich ein paar Tage Zeit nimmt und die Gespräche dann wieder aufnimmt. Man muss Polen noch nicht mit dem Entzug der Stimmrechte drohen. Man kann noch weiter bezüglich des Verfassungsgerichts verhandeln. Auch der Rat kann zu kritischen Beschlüssen kommen, für die man keine Einstimmigkeit benötigt.“

Foto: Polnisches Parlament in Warschau, über dts Nachrichtenagentur

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