Finanzmärkte

In der Warteschleife, Kommentar zur Finanzmarktregulierung in der EU von Detlef Fechtner

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Seit dem Briten-Referendum ist alles etwas anders in Brüssel. Zwar wird in den Amtsstuben eifrig an dem weitergearbeitet, was auf dem Tisch liegt. Von Routine kann trotzdem keine Rede sein. Dafür ist die Unsicherheit zu groß, wie es weitergeht.

Im Besonderen gilt dies für die Finanzmarktregulierung. Schließlich ist der Abteilung mit dem britischen Referendum ihr EU-Kommissar abhanden gekommen. Jonathan Hill zog aus dem Brexit-Votum unmittelbare Konsequenzen und trat zurück. Die Entscheidung, dass EU-Vize Valdis Dombrovskis die Regie über die EU-Finanzregeln übernimmt, sorgt zwar für einen glatten personellen Übergang. Denn Dombrovskis war an den jüngsten Gesetzesvorschlägen unmittelbar beteiligt.

Einiges ändern wird sich nach dem Brexit-Votum dennoch. Kurzfristig und wohl auch mittelfristig ist kaum mit neuen umfassenden Regulierungsvorschlägen zu rechnen. Denn niemand dürfte einen großen gesetzgeberischen Wurf wie zuletzt die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung riskieren – gerade jetzt nicht, wo sich die verbleibenden 27 EU-Staaten erst einmal bemühen müssen, möglichst nervenschonend und harmonisch einen gemeinsamen Nenner für die Zukunft zu finden. Für die nächsten Monate lautet die Prognose daher, dass abgearbeitet wird, was sich in der Pipeline befindet – Trennbankenregeln, Verbriefungsinitiative, länderbezogene Berichte – und wenig Neues hinzukommt. Bis auf Weiteres also dürfte sich die EU-Finanzregulierung in einer Warteschleife befinden. Das wird viele in der Kreditwirtschaft freuen, denn sie haben ohnehin genug damit zu tun, die vielen Vorgaben der Vorjahre umzusetzen.

Langfristig möchte die EU-Kommission gerne – so lassen sich erste Signale deuten – die EU-Finanzregulierung stärker zu einer Euro-Finanzregulierung umstellen. Dahinter steckt die Überlegung, dass mit einem Austritt Großbritanniens das Lager der Euro-Outs geschwächt ist. Und somit die Bereitschaft anderer wachsen könnte, sich der Eurozone anzuschließen. Und mit den Briten zudem der ewige Bremser von Bord geht. Das aber ist allenfalls eine vage Hoffnung überzeugter Euro-Fighter in Brüssel – nicht mehr.

Insofern sind schnelle Fortschritte auf dem Weg zu einer immer engeren Bankenunion seit Donnerstag nicht viel wahrscheinlicher geworden. Nur zur Erinnerung: Dass jüngst deutlich Tempo aus der Europäisierung der Einlagensicherung genommen wurde, geschah nicht aufgrund von Vorbehalten der Briten. Sondern wegen des Widerstands der Deutschen.

Quelle: Börsen-Zeitung

 

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