Bäckereien mit Nachwuchssorgen

Bäckereien mit Nachwuchssorgen

Bäckereien mit Nachwuchssorgen
Konstant steigende Umsätze bei weiter sinkenden Betriebszahlen und anhaltende Nachwuchssorgen – so lautet das Resümee des Bäckerhandwerks zum statistischen Jahresrückblick 2015. 13,99 Mrd. Euro Gesamtumsatz erzielten die insgesamt 12.155 Bäckereibetriebe bundesweit im vergangenen Jahr, und somit fast eine halbe Milliarde Euro mehr als im Vorjahr (2014: 13,52 Mrd. Euro). Mit 1,03 Mrd. Besuchen in 2015 ist das Deutsche Bäckerhandwerk zudem erneut Spitzenreiter im Marktsegment Quick-Service-Restaurants (QSR) des Außer-Haus-Marktes. Die Bäckereien können hier mittlerweile ein Fünftel aller Besuche für sich verbuchen (19,9%). Zum Vergleich: Der Gesamtmarkt verzeichnete lediglich eine Steigerung von 0,4%.

Treiber der positiven Umsatzentwicklung sind zunehmend größere Bäckereiunternehmen. So erzielten 2015 4,3% der Betriebe rund 65,3% des Gesamtumsatzes. Die Zahl der Bäckereibetriebe insgesamt hingegen sank erneut (-3,6%), ein Beweis für den anhaltenden Strukturwandel im Bäckerhandwerk und die zunehmenden ökonomisch bedingten Konzentrationsprozesse in der Branche. Auch die Zahl der Beschäftigten ging erneut zurück und verringerte sich mit 275.200 um 0,7%. Begründet liegt dies insbesondere im fehlenden Nachwuchs. Denn das Bäckerhandwerk plagen ernste Nachwuchssorgen: Vom vorläufigen Rekordjahr 2007 mit 36.871 Auszubildenden hat sich ihre Zahl mit 18.811 in 2015 fast halbiert. Ein Problem, dem sich der Handwerkszweig mit der Einrichtung neuer, attraktiver Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten und offensiven, kontinuierlich fortentwickelten Recruiting-Kampagnen stellt.

Bäckerhandwerk offen für Flüchtlinge

Der demografische Wandel hat dramatische Folgen für den Arbeitsmarkt. Sollte sein Trend nicht gestoppt werden, wäre in 40 Jahren jeder Dritte über 65 Jahre alt. Und bereits heute fehlen der Wirtschaft jedes Jahr 300.000 Arbeitnehmer/-innen. Schon jetzt haben die Betriebe des Bäckerhandwerks zunehmend Mühe, Arbeits- und Ausbildungsplätze nachzubesetzen. Sie sind aus diesem Grund offen für die verstärkte Aufnahme, Beschäftigung und Integration von Flüchtlingen. Denn Arbeit und Beschäftigung sind nach wie vor der beste Weg der Integration. Das Bäckerhandwerk erkennt darin zudem eine Möglichkeit, die zunehmende Überalterung der Bevölkerung mit ihren gravierenden Folgen für den Arbeitsmarkt abzumildern.

Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e.V. unterstützt die Betriebe hierbei, indem er seit Herbst 2015 Informationsveranstaltungen über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die zur Verfügung stehenden Förderprogramme durchführt. „Viele Betriebe des Bäckerhandwerks sind bereit, Flüchtlinge auszubilden und zu beschäftigen, doch bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen besteht dringender Handlungsbedarf. Das Bäckerhandwerk begrüßt in diesem Zusammenhang, dass mit dem geplanten Integrationsgesetz die lange erhobene Forderung des Handwerks nach Schaffung eines rechtssicheren Aufenthalts für Flüchtlinge in Ausbildung (3 + 2-Formel) endlich gesetzlich umgesetzt werden soll“, so Zentralverbandspräsident Michael Wippler.

Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Berufe im Bäckerhandwerk

Der Zentralverband arbeitet zudem gezielt daran, vermeintliche oder reale Wettbewerbsnachteile des Bäckerhandwerks gegenüber anderen Berufen auszuräumen. So bietet er beispielsweise mit der Fortbildung „Geprüfter Verkaufsleiter/-in im Lebensmittelhandwerk“ eine neue Aufstiegsmöglichkeit für Bäckereifachverkäufer/-innen oder mit der Weiterbildung „Brot-Sommelier/-ière“ erweiterte Berufsperspektiven für Bäckermeister/-innen. Weiterhin wurden die Ausbildungsvergütungen im Bäckerhandwerk erhöht.

Wettbewerbsverzerrungen und Bürokratielast

Die Betriebe des Bäckerhandwerks stehen seit einigen Jahren im besonderen Wettbewerb zu Brotindustrie, Tankstellen, Backshops, Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und Discountern und sehen sich hierin in mehreren Bereichen (Stichwort: EEG-Umlage, GRW-Förderung, Arbeitszeitgesetz) staatlich verursachten Wettbewerbsverzerrungen ausgesetzt, die große Teiglingswerke einseitig bevorzugen. Weiterhin bringen wachsende bürokratische Auflagen das klein- und mittelständische Bäckerhandwerk zunehmend an seine Belastungsgrenzen. Als Interessenvertretung des Bäckerhandwerks setzt sich der Zentralverband hier für eine gerechtere Verteilung der Lasten bzw. für einen Abbau der Bürokratie ein.

Schutz des Begriffs „Bäckerei“

Ein Kernanliegen ist dem Zentralverband bereits seit längerem der effektive gesetzliche Schutz des Begriffs „Bäckerei“, um die Verbraucher und Betriebe des Bäckerhandwerks vor unlauterem Marktverhalten und irreführender Werbung des Wettbewerbs zu bewahren. Ein bislang leider vergebliches Bemühen, obwohl auch die Deutsche UNESCO-Kommission bei der Aufnahme der Deutschen Brotkultur in das „Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes“ (Dezember 2014) die „industrielle Fertigung“ explizit von diesem ausschloss.

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