Absatzkrise abgehakt, Kommentar zum Automarkt von Peter Olsen

Die Autobauer in Europa können sich freuen. Mit diesem März haben sie endlich den dramatischen Absatzknick von 2009 – zumindest für einen Monat – nicht nur ausgebügelt, sondern mit 1,8 Millionen Verkäufen fabrikneuer Pkw sogar einen Rekord für den Frühlingsmonat hingelegt. In Westeuropa schnellten die Verkaufszahlen damit um über 10% empor. Entsprechend zählten Autowerte am Mittwoch zu den Gewinnern an den Aktienmärkten.

Natürlich trug das in diesem Jahr späte Osterfest kräftig zu diesem Boom bei, hatten die Autohändler doch im März zwei Tage mehr Zeit, die blitzenden Karossen an den Käufer zu bringen. Insoweit ist das Ergebnis positiv überzeichnet. Dennoch spiegelt die überraschend gute Autokonjunktur auch die offenbar europaweit freundliche Verbraucherstimmung wider, die zu Fahrzeug-Neuanschaffungen beiträgt. Ohne die zugleich von vielen Herstellern erneuerten attraktiven Modellpaletten wäre aber der steile Anstieg auch nicht möglich gewesen.

Viele Faktoren haben also zu dem überraschend guten Start ins Autojahr 2017 beigetragen, von den teils üppigen Verkaufsanreizen einmal ganz abgesehen. Für die Branche ist diese positive Entwicklung auch deshalb so wichtig, weil sich viele wegen der politischen Unwägbarkeiten nach dem Brexit-Votum 2016 und den anstehenden Wahlen in Frankreich und Deutschland über eine mögliche Verunsicherung der Konsumenten Gedanken gemacht haben. Stand jetzt waren diese Besorgnisse überzogen. Eine Garantie für ein anhaltend starkes Wachstum in Europa im Gesamtjahr ist der bisherige Absatzerfolg aber dennoch nicht, gilt der Markt in Europa doch als weitgehend gesättigt.

Aber vor dem Hintergrund stark sinkender Anteile von Dieselfahrzeugen an den Neuzulassungen als Folge der VW-Abgasaffäre erstaunt die Robustheit der Nachfrage für neue Pkw doch. Und die Stärke des reifen Marktes Europa als Stütze der automobilen Konjunktur gewinnt noch an Bedeutung, wenn man in Betracht zieht, dass der tief gespaltene US-Automarkt in diesem Jahr bisher hinter den Vorjahreswerten zurückbleibt und am weltgrößten Absatzmarkt China das Wachstum zuletzt deutlich an Tempo eingebüßt hat. Für den um die US-Autobauer so besorgten Präsidenten Donald Trump bietet Europa ein gemischtes Bild. Ford steigerte den Absatz mit Fahrzeugen aus europäischer Produktion im März um 16%, während die Noch-GM-Tochter Opel nur unterdurchschnittlich um 2,4% wuchs. Chevrolet gab dagegen um 39% Gas – auf europaweit bescheidene 235 Einheiten. Da geht noch was!

Quelle: Börsen-Zeitung

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert